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Phantomfett: Warum du dich trotz Gewichtsverlust „zu dick“ fühlen kannst

  • Beitrag zuletzt geändert am:29. März 2025
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Stell dir vor: Du hast hart an dir gearbeitet. Du hast Kilos verloren, deine Kleidung sitzt lockerer, das Spiegelbild zeigt eine schlankere Silhouette. Und trotzdem fühlst du dich innerlich noch genau wie vorher – irgendwie „zu viel“, nicht „leicht“ genug. Vielleicht fragst du dich:
„Warum fühle ich mich noch dick, obwohl ich doch längst abgenommen habe?“

Diese Frage beschäftigt viele Menschen nach einer erfolgreichen Gewichtsreduktion. Denn nicht immer zieht die Seele gleich mit, wenn der Körper sich verändert. Dieses Phänomen hat sogar einen Namen: Phantomfett.

Was ist Phantomfett?

Phantomfett beschreibt das Gefühl, sich immer noch als zu dick wahrzunehmen – obwohl der Körper längst schlanker ist. Es erinnert an das bekannte Phänomen des Phantomschmerzes: Menschen spüren Schmerzen in einem Körperteil, das gar nicht mehr da ist. Auch beim Phantomfett ist es das innere Bild, das sich nicht mitverändert hat.

Du schaust in den Spiegel, aber siehst dort noch immer das alte Ich. Deine Gedanken und Gefühle hinken dem körperlichen Wandel hinterher. Und das kann ganz schön verwirrend sein.

Interessanterweise gibt es auch die umgekehrte Variante: Menschen, die nach einer Gewichtszunahme noch immer das Bild ihres schlanken Körpers im Kopf haben. Auch das zeigt: Unser Selbstbild ist nicht automatisch deckungsgleich mit dem, was wir im Spiegel sehen.

Warum passiert das?

Unser Gehirn speichert über Jahre hinweg eine Art mentale Landkarte unseres Körpers. Diese innere Karte verändert sich nicht im selben Tempo wie unser Gewicht. Selbst wenn du äußerlich schon längst anders aussiehst – dein Kopf braucht Zeit, das wirklich zu begreifen.

Besonders, wenn…

  • …du lange mit Übergewicht gelebt hast
  • …dein Selbstwert stark mit deinem Körperbild verknüpft war
  • …du Erfahrungen mit Scham, Mobbing oder Zurückweisung gemacht hast
    … dann kann es sein, dass dein inneres Bild viel tiefer sitzt als du denkst.

Diese Umstellung ist ein emotionaler Prozess. Und der braucht Zeit. Und Mitgefühl – vor allem mit dir selbst.

Studien zeigen, dass Personen mit Adipositas oft ein negativeres Körperbild nach der Gewichtsabnahme haben als normalgewichtige Menschen. Dieses Bild verändert sich nicht automatisch mit dem Gewichtsverlust – das braucht bewusste Arbeit an sich selbst.

Was dein Gehirn damit zu tun hat

Veränderung beginnt im Körper – aber sie wird im Kopf verankert. Und genau dort liegt der Knackpunkt: Unser Gehirn ist langsam, wenn es um neue Körperwahrnehmung geht. Selbst wenn du jetzt neue Kleidergrößen trägst oder dir auf Fotos gefällst – dein inneres Erleben braucht länger.

Hier ein paar Gründe dafür:

  • Gewohnte Denkpfade: Dein Gehirn greift auf alte Muster zurück, einfach weil sie vertraut sind. „Ich bin dick“ war vielleicht jahrelang ein unbewusster Glaubenssatz.
  • Neuroplastizität braucht Wiederholung: Das Gehirn kann sich verändern – aber nicht von heute auf morgen. Neue Verknüpfungen entstehen durch Wiederholung, durch Erfahrung, durch Emotion.
  • Propriozeption – dein inneres Körperschema: Wie du dich im Raum wahrnimmst, wie du dich bewegst, deine Haltung, dein Abstand zu Möbeln oder Menschen – all das verändert sich langsamer als dein Spiegelbild.
  • Emotionale Verknüpfungen: Vielleicht war dein Gewicht auch Schutz. Vielleicht hast du Ablehnung erfahren oder gelernt, dass du nur „wertvoll“ bist, wenn du dich veränderst. Diese Prägungen lösen sich nicht allein durchs Abnehmen.
Eine nachdenkliche Frau sitzt gemütlich mit einer Tasse Tee und einem offenen Notizbuch in der Hand. Das Bild symbolisiert Selbstreflexion, Achtsamkeit und Journaling als Wege, um das eigene Körperbild nach Gewichtsverlust bewusst wahrzunehmen.

Wie sich Phantomfett anfühlt – und warum es dich verunsichern kann

Ich erinnere mich selbst an diese Phase nach meiner Abnahme. Die Waage zeigte weniger, meine Kleidung flatterte – aber im Kopf war da immer noch die alte Karen. Ich stand im Laden und griff automatisch zu Kleidern, die zwei Nummern zu groß waren. Ich sah mich auf Fotos und dachte: Wer ist das?

Erst durch bewusste Achtsamkeit, durch das Schreiben meines Tagebuchs und durch tägliche kleine Momente vor dem Spiegel lernte ich langsam: Das bin jetzt ich. Und trotzdem – dieses alte Bild in meinem Kopf war hartnäckig. Vielleicht kennst du das auch.

Lies hier mehr: 44kg weniger – Wie schlank ich mich selbst sehe

Mein Weg – und was danach kam

Doch meine Reise endete hier nicht.

Nachdem ich mich endlich so schlank sah, wie ich wirklich war, passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Ich nahm wieder zu. Und das Bemerkenswerte daran war – ich sah mich selbst trotzdem lange Zeit noch genauso schlank wie vorher.

Es war, als hätte mein inneres Bild sich endlich angepasst – und nun blieb es bestehen, obwohl sich mein Körper wieder veränderte. Auch das ist eine Form von Phantomfett, nur eben in umgekehrter Richtung.

Dieses Erlebnis hat mir einmal mehr gezeigt, wie tief unser Körpergefühl in uns verankert ist. Und wie langsam – oder auch unabhängig – sich unser Selbstbild im Verhältnis zur Waage oder zur Kleidergröße verändern kann. Im Positiven wie im Herausfordernden.

Was du tun kannst, um dein Körperbild zu verändern

Wenn du dich in diesem Phänomen wiedererkennst, hier ein paar Impulse für dich – liebevoll, achtsam und ohne Druck. Du musst nichts „reparieren“ – sondern darfst einfach anfangen, dich neu kennenzulernen.

Geduld mit dir selbst

Das ist kein Rückschritt – sondern ein ganz normaler Anpassungsprozess.
Sei liebevoll mit dir. Dein Körper hat sich verändert, dein Geist braucht Zeit, um das wirklich zu erfassen.
Es geht nicht darum, schneller zu „funktionieren“, sondern darum, dir Raum zu geben, dich in deinem Tempo neu zu spüren. Jeder kleine Moment des Innehaltens kann ein Schritt sein, dich mehr mit dir selbst zu verbinden.

Spiegelübungen & Achtsamkeit

Stell dich täglich bewusst vor den Spiegel. Sieh dich an. Atme. Sag dir: „Ich sehe dich.“
Das klingt vielleicht ungewohnt – aber es wirkt, wenn du es regelmäßig tust.
Es geht nicht darum, sofort „schön“ zu finden, was du siehst, sondern darum, dich überhaupt wieder wirklich wahrzunehmen – mit offenem Herzen und ohne Urteil. Dieser tägliche Blickkontakt mit dir selbst kann heilsam sein und dein inneres Bild Stück für Stück verändern.

Bewegung für dein neues Ich

Körperliche Aktivität hilft nicht nur körperlich, sondern auch mental.
Du spürst dich neu, entdeckst deinen Körper anders – und das stärkt die Verbindung zu deinem aktuellen Selbst.
Wähle Bewegungsformen, die dir guttun, dich nähren statt dich zu fordern – sei es Spazierengehen, Tanzen, Yoga oder Schwimmen. Es geht nicht um Leistung, sondern darum, dich von innen heraus lebendig zu fühlen.

Neue Kleidung – neue Impulse

Wenn du noch deine alten Sachen trägst, sendest du deinem Gehirn ständig alte Signale.
Neue Kleidung, die wirklich passt und dir gefällt, kann helfen, das neue Körperbild auch emotional zu verankern.
Es darf ruhig etwas sein, das deine neue Silhouette betont oder dich einfach zum Strahlen bringt – nicht für andere, sondern für dich. Vielleicht probierst du auch bewusst etwas aus, das du früher nie getragen hättest – einfach, um neue innere Räume zu öffnen.

Sprich mit dir wie mit deiner besten Freundin

Würdest du ihr sagen: „Du siehst immer noch dick aus“? Vermutlich nicht.
Also sprich auch mit dir selbst mit derselben liebevollen Stimme – mit Mitgefühl, Wärme und Verständnis.
Verändere bewusst den inneren Dialog. Wenn du merkst, dass du dich selbst hart beurteilst, halte kurz inne und frage dich: Was würde ich einer Freundin in dieser Situation sagen? Diese innere Umstellung braucht Übung – aber sie verändert alles.

Coaching-Perspektive: Wie ich dich begleiten kann

In meinen Coachings erlebe ich oft genau diesen Moment: Der Körper ist schlanker, aber das Selbstbild bleibt stehen. Und ich weiß, wie sehr das verunsichern kann – und manchmal sogar dazu führt, dass man wieder „zurückgeht“, weil man sich im neuen Körper fremd fühlt.

Im Coaching schaffen wir gemeinsam einen Raum, in dem du dich selbst neu kennenlernen darfst. Ohne Druck. Ohne Bewertung. Nur du – in deinem Tempo.

Ich arbeite mit Methoden, die dich unterstützen, alte innere Bilder sanft loszulassen und neue Perspektiven einzuladen. Und keine Sorge: Du musst dafür nicht alles erzählen oder tief in alte Wunden graben. Du darfst einfach du sein. Und spüren, was sich zeigen möchte.

Du bist nicht allein

Viele Menschen erleben nach dem Abnehmen genau diesen Zwiespalt. Sie fühlen sich wie in einer Art Zwischenwelt – nicht mehr „wie früher“, aber auch noch nicht ganz „angekommen“. Vielleicht hilft dir allein schon dieses Wissen: Du bist damit nicht allein.

Verurteile dich nicht dafür. Es ist okay, wenn dein Inneres mehr Zeit braucht. Es zeigt nur, wie tief dein altes Selbstbild verankert war – und wie mutig du jetzt bist, es loszulassen.

Austausch erwünscht: Deine Geschichte zählt

Hast du auch schon einmal erlebt, dass dein inneres Bild nicht mit deinem äußeren übereinstimmte? Wie bist du damit umgegangen?

Ich freue mich, wenn du deine Erfahrungen in den Kommentaren teilst. Vielleicht finden wir so gemeinsam neue Wege, uns selbst mit mehr Liebe und Mitgefühl zu begegnen.

Alles Liebe, Karen

Quellen

Karen Wiltner
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